Gibt es schöpferische Werke, die keinen urheberechtlichen Schutz genießen? Was sind „freie Werke“?

Manfred Büchele, Lars Kerbler

 

Werke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes („UrhG“) können auf zwei Arten vollständig vom Urheberrechtsschutz ausgenommen sein:

  • Freie Werke sind Werke, für die kein urheberrechtlicher Schutz besteht. Diese Werke stehen in engem Zusammenhang mit amtlicher, hoheitlicher 1 Tätigkeit;
  • Werke, deren Schutzfrist2 abgelaufen ist, sind gemeinfrei.3

Amtliche Werke

Für amtliche Werke besteht kein urheberrechtlicher Schutz, sie sind damit freie Werke. Das Urheberrecht an grundsätzlich geschützten Werken endet in der Regel mit Ablauf ihrer Schutzfrist.

Freie Werke

An freien Werken entstehen per Definition4 keine Urheberrechte, auch wenn sie die Voraussetzungen für den Urheberrechtsschutz erfüllen. Das UrhG trifft eine Einteilung in zwei Fallgruppen:

  • Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlässe, Bekanntmachungen und Entscheidungen sind jedenfalls gemeinfrei5;
  • Folgende „amtlichen“ Werke sind dann gemeinfrei, wenn sie ausschließlich oder überwiegend zum amtlichen Gebrauch hergestellt wurden:
    • Sprachwerke6,
    • wissenschaftliche und belehrende Darstellungen7, sowie
    • Lichtbilder, Schallträger und Rundfunksendungen, die grundsätzlich leistungsschutzrechtlich geschützt wären.

Insbesondere jene Werke, die von Beamten in Ausübung einer amtlichen Tätigkeit geschaffen werden, sind amtliche Werke.

Der freie Zugang zu diesen Werken ist ein Grundstein demokratischer und rechtsstaatlicher Prinzipien, die Interessen der Urheber treten daher in den Hintergrund.

Beispiele freier Werke

Das Grundbuch und das Firmenbuch sind zwar amtlich, ihrer Art nach (als Datenbank) aber keine freien Werke.8

Werden ÖNORMEN per Gesetz oder Verordnung für verbindlich erklärt, so sind sie mit der jeweiligen Rechtsvorschrift zu veröffentlichen, und werden damit zu freien Werken. Andernfalls bleiben etwaige Urheberrechte aufrecht.9

Ablauf der Schutzfrist

Nach Ablauf seiner Schutzfrist ist ein Werk grundsätzlich gemeinfrei, es ist damit für die Allgemeinheit frei nutzbar.

Siehe zu Schutzfristen im Urheber- und Leistungsschutzrecht: Wann endet der Urheberschutz?

Fußnoten

  1. OGH 17.11.1987, 4 Ob 306/86 – Hainburg-Gutachten – ÖJZ EvBl 1988/97 = JBl 1988, 185 = MR 1987/6, 208 = ÖBl 1988, 49 SZ 60/245.
  2. Siehe Wann endet der Urheberschutz?
  3. Siehe Was ist Gemeinfreiheit?
  4. Vgl. § 7 Abs 1 UrhG.
  5. Siehe Was ist Gemeinfreiheit?
  6. Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler/Thiele, Österreichisches Urheberrecht18 (2015) § 2 Rz 1.
  7. Keine freien Werke sind Landkarten, die vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen hergestellt oder bearbeitet wurden.
  8. Auch die analoge Anwendung von § 7 Abs 1 UrhG ist nicht geboten, vgl. OGH 09.04.2002, 4 Ob 17/02g – EDV-Firmenbuch I – SZ 2002/43 = ecolex 2002/261, 675 (Schanda) = MR 2002, 298 (Walter) = ÖBl 2003/14, 46 (Barbist) =  RdW 2002/541, 597 = ÖBl-LS 2002/148, 176.
  9. Vgl. § 8 NormG 2016.