Können zwei oder mehrere Personen gemeinsam Urheber sein?

Manfred Büchele, Lars Kerbler

 
Auch mehrere Personen können gemeinsam Urheber eines Werks sein.

  • Das Urheberrecht unterscheidet zwischen
    gemeinsam geschaffenen Werken, die eine untrennbare schöpferische Einheit bilden (Miturheberschaft),
  • eigenständigen Werkteilen, die ein grundsätzlich „trennbares“ Werk bilden (Teilurheberschaft) und
  • bloßer Gehilfenstellung, die kein Urheberrecht begründet.

Einfache Vor- und Nacharbeiten bei der Werkschöpfung sind beispielsweise Materialbeschaffung, Recherchetätigkeiten, redaktionelle Aufbereitung von literarischen Werken u. dgl. Sie begründen eine bloße Gehilfenstellung und damit kein Urheberrecht am Werk.1

Werkschaffen mit einem gemeinsamen Ziel kann zu einheitlichen Werken führen. Das begründet Miturheberschaft, wenn die Werkeinheit nicht auf sinnvolle Art und Weise trennbar ist. Wird ein Werk zwar mit einem gemeinsamen Ziel geschaffen, bleiben die einzelnen Teile aber gesondert verwertbar2, so entsteht Teilurheberschaft.

Miturheberschaft

Entsteht ein Werk durch gemeinschaftliches Schaffen der Beteiligten, so sind die Schöpfer des Werks jeweils Miturheber. Ein gemeinsames Sprachwerk oder gemeinsam entworfene Pläne für ein Bauwerk begründen in der Regel Miturheberschaft. Die Miturheber sind am Werk und an seinen wirtschaftlichen Erlösen zu gleichen Anteilen berechtigt, sofern keine anderslautende Vereinbarung besteht.

Miturheber entscheiden gemeinsam über die Änderung und Verwertung ihres Werks, bei grundloser Verweigerung der Einwilligung durch einen Miturheber kann jeder andere Miturheber auf Erteilung dieser Einwilligung klagen. Verletzungen des Urheberrechts können auch von einzelnen Miturhebern gerichtlich verfolgt werden.

Teilurheberschaft

Bei der Verbindung eigenständig verwertbarer Werke zu einem einheitlichen Ganzen ändert dies nichts an der Urheberschaft an den einzelnen Werken. Werden unterschiedliche Werkarten miteinander verknüpft, entsteht häufig Teilurheberschaft, beispielsweise wenn ein Liedtext mit Musik zu einem „Song“ verbunden wird, oder auch die Filmmusik zu einem Filmwerk.

Beispiele

T-Guardian

Der „T-Guardian“ der beiden Künstler Manfred Kielnhofer und Christoph Luckeneder ist ein zusammengesetztes Werk. Seine beiden Teile – der „Kantenhocker“ und das „T“ – sind trotz gemeinsamer Konzeption eigenständige Werke, die neben der eigenständigen urheberrechtlichen Bestandsfähigkeit auch einzeln, und zwar ohne nennenswerte Wertminderung, verwertet werden können. Damit besteht am „T-Guardian“ als Werkverbindung Teilurheberschaft.3
Quelle: ris.bka.gv.at/OGH 4 Ob 64/17s
Krawina-Hundertwasserhaus

Das Krawina-Hundertwasserhaus in Wien wurde (als Werk der Baukunst) vom Architekten Josef Krawina und dem Künstler Friedensreich Hundertwasser gemeinsam geschaffen. Obwohl beide unterschiedliche Aufgabengebiete in der Planung übernahmen, besteht am Bauwerk Miturheberschaft.4
Quelle: Wikimedia/Lucian Ilica
Dali Atomicus

Die Fotografie „Dali Atomicus“ ist durch raffinierte zeitliche Abstimmung zwischen dem Fotografen, dem Subjekt Salvador Dalí und mehreren Gehilfen entstanden. Da die gestalterische Konzeption aber dem Fotografen Philippe Halsman zuzuschreiben ist, liegt keine Miturheberschaft vor.
Quelle: Wikimedia/Trialsanderrors

Fußnoten

  1. Vgl. Büchele, Urheberrecht (2014) 33; Hornsteiner in Kucsko, urheber.recht (2007) § 11, 3.2.
  2. Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler/Thiele, Österreichisches Urheberrecht18 (2015) § 11 Rz 10.
  3. OGH 26.09.2017, 4 Ob 64/17s – T-Guardian – ÖBl 2018/22 (Guggenbichler) = ecolex 2018/36 (Zehentmayer/Schenk) = MR 2018, 17 (Walter) = wbl 2018/14, 57.
  4. OGH 19.11.2002, 4 Ob 229/02h – Hundertwasserhaus II – ÖBl 2003/37, 142 (Gamerith) = bbl 2003/54, 80 = RdW 2003/100 f, 121 = MR 2003, 41 = ÖBl-LS 2003/34, 77 = ÖBl-LS 2003/35, 77 = RdW 2003/267, 321.