Was ist urheberrechtlich in sozialen Medien zu beachten?

Manfred Büchele, Lars Kerbler, Hans Strasser

 

Soziale Medien bergen erhebliche Risiken, Urheberrechte anderer zu verletzen. Das liegt insbesondere daran, dass unterschiedlichste Inhalte – von Audiodateien über Bild bis zu Filmmaterial – Gegenstand von Beiträgen in sozialen Netzwerken sein können.

Wird etwa ein geschütztes Werk „gepostet“, findet oftmals ein Eingriff in das Vervielfältigungs- und das Zurverfügungstellungsrecht1 des Urhebers statt. Auch das „Teilen“ von Inhalten fremder Webseiten ist urheberrechtlich relevant, da es das Setzen eines Hyperlinks umfasst, das in vielen Fällen unzulässig ist.2

Diese Handlungen können auch Persönlichkeitsrechte verletzen, etwa wenn Personenbildnisse oder Briefwechsel ohne die Billigung der geschützten Personen zugänglich gemacht werden.

Ferner laufen auch Nutzungsberechtigte Gefahr, durch das „soziale“ Bereitstellen ihrer Werke oder Leistungen Rechte abzugeben. Die Nutzungs- bzw. Geschäftsbedingungen der sozialen Netzwerke räumen den Betreibern oftmals umfassende Nutzungsrechte ein, wodurch den Urhebern erhebliche Nachteile in der Werkverwertung erwachsen können.

Das „Posten“ geschützter Werke

Mit dem „Posten“ in sozialen Netzwerken wird in der Regel eine Kopie der jeweiligen Inhalte in der „Cloud“ des sozialen Netzwerks angefertigt, die daraufhin dem Zielpublikum zugänglich gemacht wird. Enthält das Posting („Beitrag“, „Tweet“, „Story“ etc.) ein fremdes urheberrechtlich geschütztes Werk,3 und erreicht es ein Publikum außerhalb der Privatsphäre seines Autors, so unterliegt diese Nutzung der Zustimmung des Urhebers.

Besteht das angesprochene Publikum aus einem rein privaten Personenkreis – hier erreicht das Posting nur Personen, die mit dessen Autor durch ein reelles persönliches Band4 verbunden sind –, so liegt kein Eingriff in das Zurverfügungstellungsrecht vor. Erlangt aber bereits eine einzige Person außerhalb der Privatsphäre des „Posters“ Zugriff auf das geteilte Werk, dann handelt es sich wiederum um eine zustimmungspflichtige öffentliche Zurverfügungstellung.

Damit liegt aus urheberrechtlicher Perspektive in aller Regel selbst dann eine öffentliche Nutzung vor, wenn ein Posting ausschließlich für „Facebook-Freunde“, „Follower“ und dergleichen zugänglich ist. Der Grad der (persönlichen) Beziehungen reicht hier üblicherweise nicht aus, um noch einen privaten Kreis an Werknutzern annehmen zu können.5

Liegt ein Fall öffentlicher Zurverfügungstellung vor oder dient die Werkkopie auf dem Server des sozialen Netzwerks kommerziellen Zwecken, so ist auch die der Zugänglichmachung „vorgelagerte“ Vervielfältigung zustimmungspflichtig. Als Privatkopie6 kann der Upload jedenfalls nur dann gerechtfertigt sein, wenn er keinen kommerziellen Zwecken dient, nicht mit einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Ursprungsdatei erfolgt und das Werk dadurch nicht öffentlich zugänglich gemacht wird.7

Beispiel – Facebook

Die Einschränkung der Reichweite von Beiträgen in sozialen Netzwerken ist jedenfalls ratsam. Das Beispiel zeigt jene Funktion im sozialen Netzwerk Facebook, die eine Einschränkung auf eine ausgewählte Nutzergruppe zulässt.
Quelle: Josh Hild/unsplash.com/facebook.com

Das „Teilen“ von Inhalten fremder Webseiten

Das öffentliche „Teilen“ („Retweeten“, „Reposten“) von Inhalten fremder Accounts oder Webseiten ist jedenfalls mit dem Setzen eines Hyperlinks auf den entsprechenden Inhalt verbunden.8 Ob eine Linksetzung zulässig ist, hängt im Wesentlichen davon ab,

  • ob das verlinkte Werk mit Zustimmung des Urhebers zur Verfügung gestellt wurde,
  • ob durch die Linksetzung beschränkende Schutzmaßnahmen umgangen werden, und
  • ob der Linksetzer in Gewinnerzielungsabsicht handelt.

Erfolgt ein Link auf ein unrechtmäßig zur Verfügung gestelltes Werk, so ist zu unterscheiden: Handelt der „teilende“ Nutzer in Gewinnerzielungsabsicht, greift er grundsätzlich in das Zurverfügungstellungsrecht des Urhebers ein.9 Hiervon könnten beispielsweise „Influencer“ betroffen sein, die zu Erwerbszwecken agieren. Nicht in Gewinnerzielungsabsicht handelnde Nutzer verlinken dann noch rechtmäßig, wenn sie über die Unrechtmäßigkeit des geteilten Inhalts weder Bescheid wussten noch hätten wissen müssen. Somit sind auch solche Links spätestens nach Aufforderung durch den Rechteinhaber als Eingriff anzusehen.

Wurde der verlinkte Inhalt mit Zustimmung des Urhebers rechtmäßig öffentlich zur Verfügung gestellt, so ist das Setzen von Hyperlinks zulässig, sofern dadurch keine technischen Schutzmaßnahmen umgangen werden.10 Zu diesen beschränkenden Maßnahmen zählen beispielsweise passwortgeschützte Bereiche und sogenannte „Paywalls“.

Das „Teilen“ fremder Inhalte beschränkt sich in der Regel nicht ausschließlich auf eine Linksetzung. Das soziale Netzwerk, in dem der Link geteilt wird, fertigt im Zuge dessen üblicherweise automatisch eine Vorschau des Inhalts an, die auf seinen Servern gespeichert wird. Gibt diese Vorschau ein Werk in seinen wesentlichen Zügen wieder, so sind grundsätzlich dieselben Grundsätze, die beim „Posten“ geschützter Werke erläutert wurden, maßgeblich. Eine freie Werknutzung als begleitende Vervielfältigung11 scheidet in den meisten Fällen aufgrund der eigenständigen wirtschaftlichen Bedeutung der Werkkopien aus.12

Ob und wie der Urheber dem „Teilen“ seines Werks zustimmt, hängt von den Umständen ab. So ist beispielsweise das Anbringen von „Share“-Buttons auf der ursprünglichen Website ein starkes Indiz, dass das Teilen zulässig sein soll, wenn die ursprüngliche Zurverfügungstellung mit Zustimmung des Urhebers erfolgt ist.13 Eine pauschale Zustimmung zur darüber hinausgehenden Nutzung ist mit einem (zulässigen) einmaligen Posten aber nicht verbunden.14

Beispiel – Twitter

„Tweetet“ eine Privatperson einen urheberrechtlich geschützten Zeitungsartikel mithilfe der URL von dessen Originalquelle, dann hängt die Rechtmäßigkeit des Vorgangs davon ab, ob dadurch beschränkende technische Maßnahmen umgangen werden. Würde der Link etwa die „Paywall“ der Online-Zeitung umgehen, dann wäre das Teilen unzulässig.15 Die Anzeige der kurzen Artikelvorschau im Tweet ist üblicherweise nicht ausreichend, um den Zeitungsartikel als Sprachwerk in seinen wesentlichen Zügen wiederzugeben, weshalb meist keine Vervielfältigung und Zurverfügungstellung stattfindet. Die Übernahme des Titelbilds in seinen wesentlichen Zügen bedarf hingegen der Zustimmung des Urhebers. Dass der Artikel im Linkziel mit einer Funktion ausgestattet ist, die das direkte „Tweeten“ des Artikels ermöglicht, deutet auf ein schlüssiges Einverständnis der verschiedenen Rechteinhaber hin.
Quelle: twitter.com/nytimes.com

Recht am eigenen Bild

Mit der enormen Anzahl an Personenbildnissen in sozialen Medien geht die hervorgehobene Rolle des Rechts am eigenen Bild einher. Dieses verbietet das zustimmungsfreie öffentliche Zugänglichmachen von Personenbildnissen, wenn dadurch berechtigte Interessen der abgebildeten Personen oder, falls diese verstorben sind, ihrer nahen Angehörigen verletzt werden.

Eine Öffentlichkeit wird in sozialen Netzwerken meist schon erreicht, wenn aufgrund der Verbreitung damit zu rechnen ist, dass eine Mehrzahl von Personen das Bildnis sehen wird.16

Berechtigte Interessen der abgebildeten Personen werden zB dann verletzt, wenn sie durch die Abbildung bloßgestellt werden oder die Abbildung zu Missdeutungen Anlass geben kann. Dabei werden nicht in der Öffentlichkeit stehende Personen grundsätzlich eher in ihren berechtigten Interessen verletzt („Prangerwirkung“). Außerdem sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass berechtigte Interessen auch durch die Begleitumstände in sozialen Netzwerken – wie z.B. der möglichen „Markierung“ von Personen auf hochgeladenen Fotos und die damit verbundene Anzeige dieser im „Freundeskreis“ – beeinflusst werden können.

Siehe ausführlich zum Bildnisschutz Dürfen Personenbildnisse ohne Zustimmung der Abgebildeten veröffentlicht werden?

Nutzungsbedingungen

In den Nutzungsbedingungen sozialer Netzwerke lassen sich deren Anbieter oftmals umfassende urheberrechtliche Nutzungsrechte17 an den „geposteten“ Inhalten ihrer Nutzer einräumen. Aus diesem Grund sollten sich die Nutzer, wenn sie Inhalte einstellen, mit den Nutzungsbedingungen vertraut machen, um die Rechtsfolgen ihres Handelns überblicken zu können.

Umgekehrt betreffen Nutzungsbedingungen auch jene Nutzer, die regelmäßig Inhalte anderer Nutzer desselben sozialen Netzwerks „teilen“. Sie können aufgrund der Nutzungsbedingungen abschätzen, ob das „Teilen“ von Schutzgegenständen, die dem sozialen Netzwerk durch Berechtigte hinzugefügt werden, von der Rechteeinräumung gedeckt ist.

Sind die Nutzungsbedingungen unklar formuliert,18 so umfasst die Rechteeinräumung im Zweifel die für den Zweck der Werknutzung nötigen Befugnisse. Das kann ggf. sogar bedeuten, dass eine „nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, gebührenfreie und weltweite Lizenz“19 die Nutzung auf das jeweilige soziale Netzwerk und die Anzeige in Suchmaschinen begrenzt, sofern diese eine solche Lizenz für das Bereitstellen ihrer Dienste „benötigen“. In diesem Fall darf ein Drittmedium, das in den Betrieb des sozialen Netzwerks nicht involviert ist, die „geposteten“ Inhalte nicht (kommerziell) Nutzen.20

Fußnoten

  1. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?
  2. Siehe Ist das Setzen von Hyperlinks zulässig?
  3. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  4. Gaderer in Kucsko/Handig,urheber.recht2(2017) § 18a UrhG Rz 13.
  5. Siehe zum Öffentlichkeitsbegriff im Urheberrecht auch: Was versteht man im Urheberrecht unter Öffentlichkeit?
  6. Siehe zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch: Können geschützte Werke ohne Zustimmung des Berechtigten genutzt werden?
  7. Siehe § 42 Abs 5 UrhG sowie Ciresa in Ciresa, Österreichisches Urheberrecht19(2017) § 42 Rz 33.
  8. Siehe Ist das Setzen von Hyperlinks zulässig?
  9. Remmertz, Aktuelle Entwicklungen im Social Media-Recht, MMR 2018, 510.
  10. Appl/Bauer, Hyperlinking und Embedded Content im Lichte der EuGH-Rsp, MR 2015, 151 (153).
  11. Siehe zu den flüchtigen und begleitenden Vervielfältigungen bereits Gilt das Urheberrecht auch im Internet?
  12. Da die Zwischenspeicherung am Server des sozialen Netzwerks ggf. eine neue Nutzungsmöglichkeit eröffnet, z.B. wenn der ursprüngliche Inhalt bereits offline genommen wurde, kann sie eigenständige wirtschaftliche Bedeutung entfalten. Vgl. dazu Dreier in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz(2018) § 44a Rz 10; Berberich, Die urheberrechtliche Zulässigkeit von Thumbnails bei der Suche nach Bildern im Internet, MMR 2005, 145 (147).
  13. Siehe zu den Möglichkeiten der urheberrechtlichen Zustimmung Kann ich mein Urheberrecht übertragen?
  14. Vgl OGH 30.3.2016, 6 Ob 14/16a – Strandfoto – jusIT 2016, 105 (Thiele) = ÖBl 2016, 198 (Guggenbichler) = MR 2016, 131 (Korn/Walter).
  15. OGH 23.2.2016, 4 Ob 249/15v – Preroll-Werbung/Krone-Hit – ÖBl 2016,34 (Plasser) = MR 2016, 135 (Heidinger) = ecolex 2016,275 (Zemann).
  16. RIS-Justiz RS0113458, zuletzt OGH 22.05.2007, 4 Ob 73/07z.
  17. Siehe Kann ich mein Urheberrecht übertragen?
  18. Unbestimmte oder unverständliche Regelungen sind darüber hinaus unter Umständen gemäß § 869 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG unwirksam.
  19. Aus den Facebook-Nutzungsbedingungen, siehe https://www.facebook.com/legal/terms (14.11.2022).
  20. OGH 30.3.2016, 6 Ob 14/16a – Strandfoto – jusIT 2016, 105 (Thiele) = ÖBl 2016, 198 (Guggenbichler) = MR 2016, 131 (Korn/Walter).