Welchem Zweck dient das Urheberrecht? Welche Ziele verfolgt es?

Manfred Büchele, Lars Kerbler

 

Das Urheberrecht gewährt dem Urheber materielle und ideelle („geistige“) Rechte am Produkt seines Schaffens. Es sichert das finanzielle Auskommen des Urhebers und schützt seine persönlichen Interessen an der Integrität des Werks und seiner Urheberschaft. Ebenso schafft es den rechtlichen Rahmen zur wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Nutzung von geistigen Inhalten.

Zur Durchsetzung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten sieht das Urheberrechtsgesetz („UrhG“) zivil- und strafrechtliche Rechtsfolgen vor.1

Hintergrund

Mit dem Urheberrecht beabsichtigt der Gesetzgeber einen Ausgleich zwischen verschiedensten, mitunter kollidierenden Interessen diverser Beteiligter.

Beispiel
Der Autor eines literarischen, dramatischen Werks überträgt dem Verleger das Recht, sein Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten. In der Folge wird das Werk mit Zustimmung des Autors im Theater aufgeführt, diese Aufführung wiederum wird durch einen Filmproduzenten festgehalten und in Form von DVDs vertrieben.

Das Beispiel veranschaulicht eine Gemengelage verschiedenster Interessen der Beteiligten, u.a. folgende:
    • Der Autor will als solcher genannt werden und finanziell am wirtschaftlichen Ertrag seines Werks beteiligt sein;
    • die Schauspieler möchten namentlich genannt werden;
    • der Veranstalter der Aufführung fordert für deren Verwertung auf Bild- und Schallträgern eine Beteiligung.

Zu berücksichtigen ist auch das Interesse der Allgemeinheit an der freien Zugänglichkeit des Werks, das mit seiner Schöpfung zum Bestandteil von Kultur und Gesellschaft wird.

Materielle Interessen des Urhebers

Das UrhG gewährt dem Urheber sogenannte Verwertungsrechte. Das sind jene Rechte, die es dem Urheber ermöglichen, die wirtschaftlichen Früchte seines Schaffens zu ernten.

Es ist allerdings nicht zweckdienlich, die Verwertung nur dem Urheber selbst zu erlauben. Deshalb kann der Urheber die Verwertung auch anderen Personen – entgeltlich oder unentgeltlich – gestatten, beispielsweise um mithilfe professioneller Verwerter größere Umsätze zu erzielen.

Dieser Aspekt zeigt sich im Beispiel: Der Verleger redigiert, druckt und vermarktet das Werk – der Urheber hat ihm die Rechte hierfür abgetreten. Im Gegenzug beteiligt der Verleger den Urheber am finanziellen Ertrag.

Siehe zu den urheberrechtlichen Verwertungsmöglichkeiten Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?

Ideelle Interessen des Urhebers

Das UrhG berücksichtigt auch geistige Interessen des Urhebers. So hat der Urheber Anspruch auf Anerkennung der Urheberschaft an seinem Werk. Ebenso bestimmt der Urheber, ob und wie das Werk mittels Urheberbezeichnung gekennzeichnet wird. Außerdem genießen das Werk, sein Titel und die Urheberbezeichnung weitgehenden Schutz vor Änderungen.

Im Beispiel kann der Autor beispielsweise verlangen, dass er als Urheber auf den gedruckten Exemplaren seines Werks genannt wird. Möchte der Verleger Änderungen am Text vornehmen, so ist er prinzipiell an die Zustimmung des Autors gebunden. Gibt der Produzent der DVDs fälschlicherweise den Regisseur der Aufführung als Autor an, so kann der wahre Autor vom Produzenten Unterlassung fordern.

Siehe zum Schutz der ideellen Urheberinteressen Wie werden die ideellen Interessen des Urhebers geschützt?

Leistungsschutz

Das UrhG bezweckt zudem den Schutz von Leistungen, die mit dem Urheberrecht in engem Zusammenhang stehen. So schützt es die Darbietungen von „ausübenden“ Künstlern2, Licht- und Laufbilder, Schallträger, Rundfunksendungen, „einfache“ Datenbanken und unveröffentlichte, nachgelassene Werke.

Im Beispiel finden sich auch leistungsschutzrechtliche Aspekte: Der Filmproduzent hat die Einwilligung der Schauspieler und des Veranstalters der Aufführung einzuholen, um die Darbietung festhalten und vertreiben zu dürfen. Außerdem können die Schauspieler beispielsweise fordern, dass sie im Abspann der Aufzeichnung namentlich genannt werden.

Siehe zu den Leistungsschutzrechten Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?

Persönlichkeitsschutz und wettbewerbsrechtliche Normen

Einige Vorschriften des UrhG, die nicht aus seinem Kerngedanken entstanden sind, haben persönlichkeitsrechtlichen Charakter: Bildnisse von Personen und Briefe sowie vertrauliche Aufzeichnungen sind vor öffentlicher Zugänglichmachung geschützt.

Auch der Titel von Werken und einfache Pressemitteilungen genießen Schutz.

Fußnoten

  1. Siehe Welche Rechtsfolgen sieht das Urheberrecht vor?
  2. Ausübende Künstler sind u.a. Musiker, Sänger, Tänzer und Schauspieler, s. Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler/Thiele, Österreichisches Urheberrecht18 (2015) § 66 Rz 6.