Wann ist das österreichische Urheberrecht maßgeblich?

Manfred Büchele, Lars Kerbler, Florian Hueter

 

Die Anwendbarkeit des österreichischen Urheberrechts auf internationale Sachverhalte wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Das österreichische Urheberrecht kann bei einer Auslandsberührung beispielsweise dann zur Anwendung kommen, wenn eine Benützungs- oder Verletzungshandlung in Österreich gesetzt,1 oder wenn der Schutz des österreichischen Urheberrechts beansprucht wird.2

Bevor im Streitfall jedoch über das anzuwendende nationale Urheberrecht entschieden werden kann, ist zunächst (zivilprozessrechtlich) zu klären, in welchem Staat sich das zuständige Gericht befindet. Erst wenn diese internationale Zuständigkeit geklärt worden ist, kann aufgrund des dort gültigen Rechts festgestellt werden, wie das zuständige Gericht das anzuwendende Recht ermitteln wird.

Es sind auch Konstellationen denkbar, in denen die gerichtliche Zuständigkeit und das anwendbare Recht auseinanderfallen. Das kann dazu führen, dass Gerichte das Urheberrecht fremder Staaten anwenden müssen.

Territorialitäts- und Schutzlandprinzip

Das Urheberrecht folgt im Grundsatz dem Territorialitätsprinzip, wonach der urheberrechtliche Schutz für das Gebiet desjenigen Staats gilt, der ihn eingeräumt hat.3 Wird der Urheberrechtsschutz von den Staaten gegenseitig anerkannt, erhalten die Urheber im Ergebnis ein Bündel an nationalen, teils uneinheitlichen Urheberrechten.4

Eine andere Perspektive eröffnet das Schutzlandprinzip: Es besagt, dass urheberrechtliche Fragestellungen nach dem Recht des Staates zu beurteilen sind, für dessen Gebiet Schutz beansprucht wird.5

Schutzumfang des österreichischen Urheberrechts

Ist gesichert, dass österreichisches Urheberrecht zur Anwendung gelangt, dann besteht Schutz für

  • Werke, deren (Mit-)Urheber6 österreichischer Staatsbürger oder Staatsbürger eines EU- oder EWR-Mitgliedsstaats7 ist/sind;
  • Werke, die im Inland erschienen8 sind;
  • Werke der bildenden Künste9 die mit inländischen Liegenschaften verbunden sind;
  • sonstige Werke ausländischer Urheber, sofern der Schutz österreichischer Urheber in ihrem Heimatstaat in einem angemessenen Gegenseitigkeitsverhältnis steht.

Im Laufe der Jahre wurden diese Punkte durch das europäische Recht und zwischenstaatliche Verträge mehrfach erweitert, wodurch sich Abweichungen ergeben können. Beispielsweise erwähnt das Gesetz im Wortlaut nur den Urheberrechtsschutz aufgrund der österreichischen Staatsangehörigkeit, die Erweiterung für Staatsbürger anderer EU-Mitgliedsstaaten ergibt sich aus dem europarechtlichen Diskriminierungsverbot.

Das Leistungsschutzrecht weicht nur geringfügig von diesen Gesichtspunkten ab. Der Schutz entsteht grundsätzlich immer dann, wenn der Leistungserbringer Staatsbürger Österreichs oder eines EU- oder EWR-Mitgliedsstaats ist oder seinen Sitz im Inland hat. Drittstaatenangehörige sind geschützt, wenn ihr Heimatstaat österreichischen Staatsbürgern in vergleichbarer Weise Schutz zukommen lässt. Auch die Leistungserbringung im Inland begründet regelmäßig österreichisches Leistungsschutzrecht.

Beispiel

Der französische Regisseur eines Arthouse-Films stellt fest, dass sein in Deutschland erschienener Film offenbar über einen deutschen (gewinnorientierten) Linksammler, der auf Sharehoster verweist, unrechtmäßig zur Verfügung gestellt wird. Er beschließt, den Anbieter von Hyperlinks auf Unterlassung und Zahlung eines angemessenen Entgelts zu klagen. Auf Anraten seiner Anwältin wird die Klage beim Landesgericht an seinem Wohnort Innsbruck eingebracht. Dieses erklärt sich für örtlich zuständig, da sich das unrechtmäßig zur Verfügung gestellte Filmwerk auch in Innsbruck abrufen lässt.10 Als nächsten Schritt prüft das Gericht die Anwendbarkeit österreichischen Urheberrechts, welches es als maßgeblich anerkennt.11 Das Filmwerk des Klägers ist im Ergebnis nach österreichischem Urheberrecht geschützt, da der Regisseur als französischer Staatsbürger einem Inländer gleichgestellt ist. Der Beklagte wird nach österreichischem Urheberrecht zur Unterlassung und Leistung des doppelten angemessenen Entgelts12 verurteilt.
Quelle: Denise Jans/unsplash.com

Fußnoten

  1. § 34 Abs 1 Gesetz über das internationale Privatrecht („IPR-Gesetz“, „IPRG“).
  2. Art 8 Abs 1 VO (EG) 864/2007 („Rom II-VO“).
  3. Siehe Verschraegen in Rummel, ABGB³ (2004) § 34 IPRG Rz 5.
  4. Vgl Büchele, Urheberrecht2 (2018).
  5. Vgl Art 8 Abs 1 Rom II-VO.
  6. Siehe Können zwei oder mehrere Personen gemeinsam Urheber sein?
  7. Schacherreiter in Kucsko/Handig, urheber.recht2 (2017) § 96 Rz 2.
  8. Siehe Welche Folgen hat die Bekanntmachung eines Werks?
  9. Siehe zu den Werkarten Was ist urheberrechtlich geschützt?
  10. Vgl. Simotta in Fasching/Konecny2 Art 5 EuGVVO Rz 258 und 320. Das österreichische Gericht ist in diesem Fall nur für jene Rechtsfolgen zuständig, die in Österreich eingetreten sind, siehe OGH 21.02.2017, 4 Ob 137/16z – Internet-Rundfunk – ÖBl 2017, 298 (Anzenberger) = MR 2017, 273 (Walter).
  11. Spickhoff in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB47 Art 8 VO (EG) 864/2007 Rz 4.
  12. Vgl Welche Rechtsfolgen sieht das Urheberrecht vor?