Können Nutzungsrechte von Nichtberechtigten im guten Glauben erworben werden?

Manfred Büchele, Lars Kerbler, Florian Hueter

 

Das Urheberrecht sieht keinen Rechtserwerb von Nichtberechtigten vor. Während ein solcher Erwerb in zivilrechtlichen Angelegenheiten durch den guten Glauben des Erwerbers ausnahmsweise ermöglicht wird, ist dieser Gutglaubenserwerb im Urheberrecht unmöglich.

Rechte an urheberrechtlich geschützten Werken können damit nur vom Urheber selbst oder von einer in lückenloser Kette durch den Urheber berechtigten Person erworben werden.

Gutgläubiger Erwerb

Im Zivilrecht können Sachen gutgläubig erworben werden. 1 Dies ist beim Erwerb von urheberrechtlichen Werken anders: Das „geistige Eigentum“ (oder Teile davon) kann nur durch eine lückenlose Kette vom Urheber über etwaige Vermittler und schließlich über den Veräußerer zum Erwerber2 übertragen werden.3

Der Erwerber eines urheberrechtlichen Werknutzungsrechts oder einer urheberrechtlichen Werknutzungsbewilligung ist somit gut beraten, die tatsächliche Berechtigung des Veräußerers vor dem Kauf zu überprüfen. Kommt keine wirksame Übertragung zustande, so greift der Erwerber in das Nutzungsrecht des tatsächlich Berechtigten ein. Folglich kann letzterer gegen den Erwerber vorgehen – und dabei auf das volle Spektrum urheberrechtlicher Rechtsdurchsetzung zurückgreifen.4

Übertragung von Rechten

Die Übertragung von Rechten im Urheberrecht kann auf unterschiedlichste Art und Weise erfolgen. Nähere Informationen finden Sie im Artikel Kann ich mein Urheberrecht übertragen?

Beispiel: Killing Me Softly
Das Lied „Killing Me Softly“ der Fugees ist eine Coverversion eines Songs, der ursprünglich aus dem Jahr 1972 stammt. Den Songtext zur Originalversion hat Norman Gimbel verfasst. Angenommen, Gimbel hat keinem Dritten ein ausschließliches Werknutzungsrecht am Liedtext erteilt, so entscheidet er über die Werknutzung im Rahmen der Coverversion.
Hätten die Fugees die Nutzungsrechte jedoch von einem glaubwürdigen Dritten erworben, der diese selbst nicht innehatte, wäre die Nutzung im Rahmen der Coverversion als Eingriff in das Urheberrecht zu werten, – was die urheberrechtlichen Rechtsfolgen auslösen würde.

Fußnoten

  1. Vgl. §367 ABGB und § 366 HGB in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Unternehmensgesetzbuchs am 1.1.2007 (BGBl I 2005/120).
  2. Büchele in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 24 Rz 14.
  3. Büchele in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 24 Rz 14.
  4. Siehe Welche Rechtsfolgen sieht das Urheberrecht vor?