Manfred Büchele, Lars Kerbler, Florian Hueter

 

Die Nutzung eines Streams mit urheberrechtlich geschütztem Inhalt ist jedenfalls dann zulässig, wenn der Stream mit Zustimmung des Urhebers angeboten wird, das Angebot also rechtmäßig ist.

Kostenlos angebotene aktuelle Kinofilme oder kommerzielle Musikproduktionen können hingegen auf die Rechtswidrigkeit von Streams hindeuten. In derartigen Fällen greift der Nutzer durch die automatische Zwischenspeicherung der Inhalte während der Nutzung in das Vervielfältigungsrecht1 des Urhebers ein. Eine solche Kopie ist unzulässig, weshalb Nutzer im Zweifelsfall von der Wiedergabe absehen müssen.

Für Anbieter von Streams ist außerdem eine Unterscheidung zwischen Live- und On-Demand-Stream erforderlich: der Livestream betrifft das urheberrechtliche Senderecht, während der On-Demand-Stream vom Zurverfügungstellungsrecht umfasst ist.

Streaming und Download

Streaming bezeichnet den Vorgang, Audio- oder Videodateien von einer Internetquelle entweder live2 oder auf Abruf, also „On-Demand“3 abzuspielen. Neben dem Download digitaler Werkstücke bildet Streaming damit die zweite Möglichkeit, entsprechende Werke aus dem Internet wiederzugeben. Technisch unterscheiden nur Nuancen diese beiden Arten der Werknutzung: Während der Download die Erstellung einer permanenten Werkkopie bezweckt, werden die gewünschten Inhalte beim Streaming am Endgerät des Nutzers zwischengespeichert, bis die Wiedergabe abgeschlossen ist. Dadurch lässt sich der Stream nach Belieben pausieren und fortführen. In der Regel werden die zwischengespeicherten Daten nach Ablauf des Streams verworfen.4

Live- und On-Demand-Streaming

Kennzeichnend für den On-Demand-Stream ist die Möglichkeit des Nutzers, den Stream zu einem Zeitpunkt seiner Wahl starten, pausieren und wiederaufnehmen zu können. Diese Möglichkeit entfällt beim Livestream – dieser entspricht hinsichtlich seines Ablaufs der klassischen Rundfunksendung, er bietet sich beispielsweise für Sportereignisse an. In technischer Hinsicht wird der Livestream durch einen konstanten Datenfluss verwirklicht, in den der Nutzer beim Aufruf „einsteigt“, während das On-Demand-Streaming auf Befehl des Nutzers gestartet, pausiert und wiederaufgenommen wird.

Der Livestream ist dementsprechend urheberrechtlich der Rundfunksendung gleichgestellt5 – er tangiert das Senderecht des Urhebers, wohingegen der jederzeit verfügbare On-Demand-Stream das Zurverfügungstellungsrecht6 betrifft.7

Rechtmäßige und unrechtmäßige Angebote

Während die Unterscheidung zwischen rechtmäßig und unrechtmäßig angebotenen Streams für Nutzer des jeweiligen Angebots relevant sein kann, ist die geläufige Unterscheidung zwischen „legalen“ und „illegalen“ Plattformen nicht zielführend. Zwar können einzelne Eigenschaften der jeweiligen Plattform einen Hinweis auf die Rechtmäßigkeit eines Inhalts liefern, ausschlaggebend ist jedoch die Rechtmäßigkeit des tatsächlich angebotenen Streams. Rechtmäßige Angebote sind grundsätzlich jene, die mit (mittelbarer oder unmittelbarer) Zustimmung8 des Rechteinhabers erfolgen.

Beispiel
Wird ein aktueller Kinofilm ohne die Zustimmung der Urheber auf YouTube zur Verfügung gestellt, so ist der Stream und damit auch das Ansehen des Films unzulässig, obwohl YouTube grundsätzlich nicht dafür bekannt ist, kommerzielle Filme unrechtmäßig anzubieten.

Hinweise auf die Rechtmäßigkeit eines Streams können für Nutzer beispielsweise gegeben sein bei:

  • kostenpflichtigem Erwerb temporärer oder dauerhafter Nutzungsrechte für einzelne Inhalte („Leihe“ bzw. „Kauf“),
  • Einschaltung regelmäßiger Werbeblöcke im Stream,
  • Inhalten in den Mediatheken öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten,
  • Inhalten aus dem Bereich des „User-Generated-Content“ bzw. „Sponsored Content“ (z.B. „YouTuber“), und
  • Inhalten auf den offiziellen Webseiten der Hersteller oder Urheber.

Anhaltspunkte für die Unrechtmäßigkeit eines Streams bieten unter anderem:

  • die Möglichkeit zum kostenlosen Streaming aktueller Kinofilme,
  • der kostenlose, zeitlich unbeschränkte, umfassende Zugang zu einem Katalog kommerzieller Film- oder Musikproduktionen ohne regelmäßige Werbeeinschaltungen,
  • ein Katalog an Hyperlinks auf das Angebot von Sharehostern9 und
  • die schlechte audiovisuelle Qualität angebotener Inhalte.

Rechtsfolgen unrechtmäßigen Streamings

Für den unrechtmäßigen Konsum eines Werks im Wege des Streamings haftet der Rechtsverletzer dem Urheber oder Werknutzungsberechtigten, wobei hier bei privater Nutzung zivilrechtliche Ansprüche auf Unterlassung sowie auf die Zahlung eines angemessenen Entgelts im Vordergrund stehen. Gegen die Anbieter unzulässiger Streams sind zusätzlich Beseitigungs- und Schadenersatzansprüche möglich, nicht zuletzt trifft sie auch eine strafrechtliche Verantwortung.

Siehe zu den einzelnen Rechtsfolgen im Urheberrecht: Welche Rechtsfolgen sieht das Urheberrecht vor?

Beispiele

Kinofilm

Wird ein aktueller Kinofilm auf einer Streamingplattform wie der hier abgebildeten angeboten, so ist von einem unzulässigen Angebot auszugehen. Der Screenshot zeigt ein On-Demand-Angebot aktueller Kinofilme, die mit schlechter Audio- und Videoqualität kostenlos angeboten werden. Durch das Streaming eines unrechtmäßigen Inhalts setzt der Nutzer eine Eingriffshandlung, womit er sich den entsprechenden Rechtsfolgen aussetzt.
Quelle: Screenshot

Der Bomber

Die Möglichkeit, ein urheberrechtlich geschütztes Werk auf einer anerkannten Videoplattform wie YouTube via Stream wiederzugeben, führt nicht automatisch zur Zulässigkeit des Angebots. Es müssen vielmehr auch die Nebenumstände betrachtet werden. Im Zweifel sollte – wie im gezeigten Fall des Films „Der Bomber“ mit Bud Spencer – von einem Werkkonsum abgesehen werden.
Quelle: Screenshot / youtube.com

Spotify

Exemplarisch für die unterschiedlichen kommerziellen Musikstreaming-Dienste können Nutzer von Spotify davon ausgehen, dass Musikstücke hier mit Zustimmung des Urhebers angeboten werden. Der Konsum der angebotenen Streams ist dementsprechend rechtmäßig.
Quelle: Screenshot / Spotify-iOS-App

Netflix

Bei Netflix handelt es sich um eine kostenpflichtige Streamingplattform, die sowohl Eigen- als auch Fremdproduktionen als On-Demand-Stream anbietet. Auch hier kann von einer zulässigen Nutzung ausgegangen werden.
Quelle: Screenshot / netflix.com

Fußnoten

  1. Vgl. Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?
  2. Vgl. Vogel in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 41a Rz 21.
  3. Vgl. Vogel in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 41a Rz 22.
  4. Vgl. Vogel in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 41a Rz 20.
  5. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?
  6. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?
  7. Vgl. Gaderer in Kucsko/Handig, urheber.recht² (2017) § 18 Rz 31.
  8. Vgl. Kann ich mein Urheberrecht übertragen?
  9. Sharehoster sind Host-Provider, die in der Regel werbefinanziert Speicherplatz anbieten. Ihr Angebot wird regelmäßig für die unzulässige Zurverfügungstellung urheberrechtlich geschützter Inhalte genutzt.