Was haben Medien im Zusammenwirken mit Laien zu beachten?

Manfred Büchele, Lars Kerbler, Hans Strasser

 

Nicht selten binden professionelle Medien Privatpersonen auf unterschiedliche Weise in ihre Arbeit ein.

Insbesondere die Veröffentlichung von Leserbriefen unterliegt einigen urheberrechtliche Aspekten, die sich aus den Verwertungs- und Persönlichkeitsrechten1 des Autors ergeben. So ist z.B. die Vornahme von Kürzungen nur dann erlaubt, wenn der Autor in diese zumindest schlüssig eingewilligt hat.

Laiendarsteller in Filmen genießen für ihre Darbietung nur leistungsschutzrechtlichen Schutz.2 Daraus folgt unter anderem die Notwendigkeit, den Darsteller mit seiner Darbietungsleistung anzuerkennen.

Leserbriefe

Leserbriefe eignen sich besonders gut dazu, die Bindung der Leserschaft zum jeweiligen Medium zu stärken. Aus urheberrechtlicher Sicht sind jedoch einige Besonderheiten zu beachten: Leserbriefe sind oftmals Sprachwerke3 und genießen damit urheberrechtlichen Schutz. Dem Verfasser obliegt dementsprechend die Entscheidung, ob, wann und wie sein Leserbrief veröffentlicht werden soll.4

Obwohl die Einsendung eines Leserbriefes per se bereits als schlüssige Zustimmung zur Veröffentlichung angesehen werden darf, ist es durchaus denkbar, dass ein Leser einen Brief an die Redaktion einer Zeitung richtet, ohne dass er die Veröffentlichung desselben wünscht. Bei Unklarheiten kann es daher geboten sein, den Verfasser des Briefes um seine Einwilligung zu bitten.

Beispiel
Richtet ein Anwalt ein Berichtigungsschreiben verbunden mit der Aufforderung zur öffentlichen Klarstellung eines von der Zeitung erörterten Sachverhalts an deren Redaktion, ist es nicht zulässig, dieses Schreiben als Leserbrief abzudrucken. Der Anwalt hat der Veröffentlichung durch sein Schreiben auch nicht schlüssig zugestimmt.

Da für Leserbriefe in der Regel nur begrenzt Platz eingeräumt wird, ist es oft nötig, Kürzungen vorzunehmen. Grundsätzlich gilt, dass jede Kürzung eines Werkes im Sinne des Urheberrechts eine Änderung darstellt, für welche die Zustimmung des Urhebers erforderlich ist.5 Mit der Zusendung eines Leserbriefes kann der Verfasser jedoch unter Umständen seine Einwilligung zu solchen Kürzungen geben.6 Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die Zeitung eines Kürzungsvorbehalts bedient, auf den sie in der Leserbriefspalte hinweist.7 Eine zulässige Kürzung liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn der Leserbrief in seinem Sinn entstellt wird.8


Beispiel – Der Anblick
Hier behält es sich eine Jagdzeitschrift – die ihrem Leserforum in jeder Ausgabe mehrere Doppelseiten einräumt – vor, eingesendete Leserbriefe sogar drastisch zu kürzen.
Quelle: Der Anblick (Mai 2018)

Davon zu trennen ist der Briefschutz, der das öffentliche Zugänglichmachen von nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Briefen, Tagebüchern oder ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen aufgrund persönlicher Interessen9 der Verfasser und Empfänger untersagt.10 Steht dem Schutz ein besonderes Veröffentlichungsinteresse gegenüber, muss dieses gegen das Geheimhaltungsinteresse abgewogen werden.11


Beispiel – Tagebuch
Ein Tagebuch, dessen Inhalt sowohl Geschäftliches als auch Persönliches enthält, darf nicht zur Gänze der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Während der Briefschutz für den geschäftlichen Inhalt – der unter anderem die Abwicklung des Anteilsverkaufs der früheren Kärntner Landesbank betrifft – nicht maßgeblich ist, wird der private Inhalt vom Briefschutz umfasst.12
Quelle: Jan Kahánek/unsplash.com

Mitwirkung in Fernsehsendungen

Hersteller von Fernseh- und Filmproduktionen setzen oftmals Laiendarsteller ein. Dabei stellt sich die Frage, ob das Urheberrecht auch Laiendarsteller schützt, die ein bereits bestehendes Skript vortragen. In aller Regel sind sie nicht (Mit-)Urheber am Filmwerk13, doch erfahren sie – wie professionelle Schauspieler auch – als ausübende Künstler den Schutz ihrer Darbietungen.14 Aus diesem Schutz folgt beispielsweise, dass sie im Zusammenhang mit ihren Darbietungen als ausübende Künstler anerkannt und genannt werden müssen.

Für detaillierte Ausführungen zum Schutz der Darbietungen ausübender Künstler siehe: Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?

Anders verhält es sich beispielsweise dann, wenn Passanten auf offener Straße um ein Interview für eine Reportage gebeten werden. Der in einem Interview geäußerte Inhalt kann grundsätzlich eine eigentümliche geistige Schöpfung sein und damit den urheberrechtlichen Erfordernissen an das Werk entsprechen.15 In diesem Fall kommt der Interviewpartner in den Genuss der urheberrechtlichen Verwertungs- und Urheberpersönlichkeitsrechte.16 Insbesondere für eine gekürzte Ausstrahlung des Interviews ist somit die Zustimmung des Interviewpartners erforderlich, die bereits vorab erteilt werden kann.

Fußnoten

  1. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen? und Wie werden die ideellen Interessen des Urhebers geschützt?
  2. Siehe Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?
  3. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  4. Siehe Ist die erstmalige Veröffentlichung eines Werks dem Urheber vorbehalten?
  5. Siehe Wie werden die ideellen Interessen des Urhebers geschützt?
  6. OGH 10.11.1970, 4 Ob 351/70, ÖBl 1071, 112.
  7. Thiele, Der Briefschutz nach § 77 UrhG – neu interpretiert, MR 2011, 262 (269).
  8. Siehe § 21 Abs 3 UrhG.
  9. Kodek in Kucsko/Handig, urheber.recht2(2017) § 77 Rz 37.
  10. Siehe § 77 UrhG.
  11. Thiele, Der Briefschutz nach § 77 UrhG – neu interpretiert, MR 2011, 262 (263).
  12. OGH 12.04.2011, 4 Ob 3/11m, ÖBl 2011/56, 232(Büchele) = ecolex 2011/363, 931 (Tonninger).
  13. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  14. Siehe Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?
  15. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  16. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen? und Wie werden die ideellen Interessen des Urhebers geschützt?