Manfred Büchele, Lars Kerbler

 

Geistige Inhalte, an denen kein Urheberrecht (mehr) besteht, sind gemeinfrei.

Geistige Schöpfungen können aus unterschiedlichen Gründen gemeinfrei sein. Aufgrund eines Rechtsverzichts des Urhebers kann ein Werk aber nicht gemeinfrei werden, da auf das Urheberrecht im Ganzen nicht wirksam verzichtet werden kann.

Gemeinfreiheit durch Ablauf der Schutzfrist

Ein geschütztes Werk wird mit Ablauf seiner Schutzfrist gemeinfrei. Das Urheberrecht an einem solchen Werk erlischt, womit die Nutzung des Werks der Allgemeinheit freisteht.

Beispiel
Der erste Band des Romans „Der Mann ohne Eigenschaften“ des Schriftstellers Robert Musil ist seit 1.1.2013 gemeinfrei.1 Damit kann das Werk nun z.B. als freies E-Book zum Download angeboten werden.

Zu den Schutzfristen siehe: Wann endet der Urheberschutz?

Gemeinfreiheit amtlicher Werke

Werke, die im Rahmen amtlicher Tätigkeit entstehen, sind in der Regel freie Werke, und damit im Ergebnis gemeinfrei.

Beispiel
Gesetze, Gerichtsurteile und amtliche Bekanntmachungen können die Voraussetzungen für den Urheberrechtsschutz erfüllen. Da sie allerdings freie Werke sind, entsteht mit ihrer Schöpfung kein Urheberrecht.

Zu den freien Werken siehe: Gibt es schöpferische Werke, die keinen urheberechtlichen Schutz genießen? Was sind „freie Werke“?

Gemeinfreiheit mangels Werkeigenschaft

Werden die Kriterien, die das Urheberrechtsgesetz („UrhG“) an Werke stellt, nicht erfüllt, so sind die entsprechenden geistigen Leistungen im Ergebnis gemeinfrei, d.h. für jedermann frei nutzbar. So sind bspw. Stil, Manier oder Technik künstlerischen Schaffens,2 genauso wie auch einfache geometrische Formen,3 die Gestaltung einer Auslage oder eine bloße Farbenzusammenstellung 4 nicht schutzfähig.

Beispiel
Der „Hundertwasserstil“, der durch den österreichischen Künstler Friedensreich Hundertwasser geprägt wurde, ist als gemeinfrei anzusehen.5 Davon abzugrenzen sind konkrete Werkstücke im Hundertwasserstil, die sehr wohl schutzfähig sind.

Zu den Schutzvoraussetzungen siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?

Einige Leistungen, an denen kein Urheberrecht besteht, sind durch das UrhG im Sinne eines Leistungsschutzrechts geschützt, siehe dazu Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?

Fußnoten

  1. Büchele, Urheberrecht (2014) 69.
  2. OGH 24.11.1954, 3 Ob 753/54 – Limonadenkrug – SZ 27/301 = EvBl 1955/107 = ÖBl 1955, 15.
  3. RIS-Justiz RS0076564, zuletzt OGH 05.11.1991, 4 Ob 95/91 – Le Corbusier-Liege – MR 1992, 27 = ÖBl 1991, 272 = GRURInt 1992, 674.
  4. OGH 24.11.1954, 3 Ob 753/54 – Limonadenkrug – SZ 27/301 = EvBl 1955/107 = ÖBl 1955, 15.
  5. OGH 19.11.2002, 4 Ob 229/02h – Hundertwasserhaus II – ÖBl 2003/37, 142 (Gamerith) = bbl 2003/54, 80 = RdW 2003/100f, 121 = MR 2003, 41 = ÖBl-LS 2003/34, 77 = ÖBl-LS 2003/35, 77 = RdW 2003/267, 321.