Manfred Büchele, Lars Kerbler

Nutzung von Literatur in der Lehre, 1. Schritt


Quelle: Sharon McCutcheon/unsplash.com

Im Zuge der Vorbereitung einer Lehrveranstaltung erstellt ein Universitätsdozent eine Präsentation sowie die entsprechenden Handouts. Diese Unterrichtsmaterialien möchte er durch passende Ausschnitte, einerseits aus einem Lehrbuch, andererseits aus einem Roman, ergänzen. Aus diesem Grund scannt er eine Doppelseite des Lehrbuchs ein, und fertigt einen Screenshot aus dem Roman an, den er sich zuvor als E-Book rechtmäßig gekauft hat.

Sowohl Lehrbücher als auch Romane sind Werke der Literatur und in der Regel urheberrechtlich geschützt. Geht man davon aus, dass die jeweiligen Ausschnitte für sich genommen Werkqualität1 haben, so finden zwei Vervielfältigungen statt. Da das ausschließliche Vervielfältigungsrecht unabhängig von der Art der Vervielfältigungen ist, muss der Urheber der Anfertigung von Ausschnitten grundsätzlich zustimmen.2

Bei Vervielfältigungen für die Lehre an Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen gilt eine Ausnahme.3 Solche Vervielfältigungen zum eigenen Unterrichtsgebrauch dürfen jedoch nicht von Werken angefertigt werden, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch4 bestimmt sind. Außerdem dürfen sie nicht von offensichtlich rechtswidrig hergestellten oder öffentlich zugänglich gemachten Vorlagen angefertigt werden.5

Im konkreten Fall wurden zwar keine rechtswidrigen Vorlagen genutzt, das Lehrbuch ist aber klar zum Unterrichtsgebrauch bestimmt. Deshalb scheidet es als Gegenstand der Vervielfältigung zum eigenen Unterrichtsgebrauch aus, weswegen diese Vervielfältigung zustimmungspflichtig ist. Der Ausschnitt aus dem Roman wurde hingegen innerhalb des gesetzlichen Rahmens der Vervielfältigung zum Unterrichtsgebrauch erstellt; diese Vervielfältigung ist daher zulässig.

Im Ergebnis ist das Einscannen des Lehrbuchs unzulässig, das Anfertigen des Ausschnitts aus dem Roman allerdings zulässig.

Fußnoten

  1. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  2. Siehe Welche Möglichkeiten bestehen, um ein Werk wirtschaftlich zu nutzen?
  3. Siehe § 42 Abs 6 UrhG.
  4. Siehe zum Begriff des Schul- bzw Unterrichtsgebrauchs: Können Werke anderer im Unterricht verwendet werden?
  5. Vgl. § 42 Abs 5 UrhG.