Dürfen urheberrechtlich geschützte Werke, die öffentlich zugänglich sind, zustimmungsfrei genutzt werden?

Guido Donath

 

Das Urheberrechtsgesetz schützt unter anderem so genannte „Werke der bildenden Künste“ (§§ 1, 3 UrhG), zu denen etwa Bauwerke, Gemälde, Skulpturen, Statuen, Büsten oder sogar Möbelstücke (als „Werke der angewandten Kunst“) gehören. Dazu zählt auch die Innenarchitektur von Gebäuden, also Treppenhäuser, einzelne Räume, Portale, Türen, Fenster etc.

Manche dieser Werke können sich an Orten befinden, die allgemein zugänglich sind – das kann vor allem bei Bauwerken oder dreidimensionalen Skulpturen / Plastiken der Fall sein. Gerade bei solchen Objekten kann es der Fall sein, dass diese z.B. fotografiert werden.

Da das „Vervielfältigungsrecht“ nach dem UrhG sehr weit gefasst ist und etwa auch zweidimensionale Vervielfältigungen dreidimensionaler Originale (also etwa eine solche Fotografie) umfasst, würde streng genommen die Anfertigung einer solchen Fotografie der Zustimmung des Urhebers (oder Werknutzungsberechtigten) erforderlich machen.

Für derartige Vervielfältigungen sieht das UrhG jedoch eine spezielle freie Werknutzung vor, nämlich die so genannte „Freiheit des Straßenbildes“ oder auch „Panoramafreiheit“ (§ 54 Abs 1 Z 5 UrhG).

Demnach ist es zustimmungs- und vergütungsfrei erlaubt, solche Werke (aber nur solche) – sogar zu kommerziellen Zwecken – zweidimensional zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich vorzuführen, zu senden und öffentlich zur Verfügung zu stellen.

Voraussetzung ist jedoch, dass diese Werke der angewandten Kunst dazu angefertigt wurden, sich bleibend an einem öffentlichen Ort zu befinden. Darunter sind solche Orte zu verstehen, die dem Gemeingebrauch dienen und jedermann frei zugänglich sind – nur dann kann diese freie Werknutzung in Anspruch genommen werden. Werke (z.B. Skulpturen), die sich auf Privatgrundstücken befinden, können im Rahmen dieser freien Werknutzung1 somit nicht verwendet werden, bzw. nur insoweit, als diese von einem öffentlich zugänglichen Ort einsehbar sind.

Eine Quellenangabe ist im Rahmen dieser freien Werknutzung nicht erforderlich, außer dies wäre nach den Gepflogenheiten im redlichen Verkehr geboten (was etwa im Zusammenhang mit Architekturfotografie von Relevanz sein kann).

Beispiel

Palau de les Arts Reina Sofia (2005), Ciudad de las Artes y las Ciencias, Valencia (Santiago Calatrava)
Fotografie: Guido Donath

Die Anfertigung des Lichtbilds eines Ausschnitts des Palau de les Arts Reina Sofia ist unter dem Gesichtspunkt der Freiheit des Straßenbildes zulässig, obwohl es sich dabei mi Sicherheit um ein urheberrechtlich geschütztes Werk der Baukunst handelt. In weiterer Folge könnte dieses Lichtbild sogar kommerziell verwertet werden, etwa durch den Druck und den Verkauf von Postkarten mit dem Motiv des Lichtbilds.

Fußnoten

  1. Siehe Dürfen urheberrechtlich geschützte Werke, die öffentlich zugänglich sind, zustimmungsfrei genutzt werden?