Was ist leistungsschutzrechtlich geschützt?

Manfred Büchele, Lars Kerbler

 

Die Leistungsschutzrechte sind Teil der im Urheberrechtsgesetz („UrhG“) geregelten verwandten Schutzrechte. Gegenstand des Schutzes sind Leistungen, die zwar keine Werke sind, aber doch in engem Zusammenhang mit dem Werkschaffen stehen.

Geschützt sind:

  • Darbietungen durch ausübende Künstler (Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer etc.),
  • Licht- und Laufbilder (einfache Fotografien und Videos),
  • Schallträger,
  • Rundfunksendungen,
  • Nachgelassene Werke, deren Schutzfrist1 bereits abgelaufen ist und
  • Investitionsintensive Datenbanken.

Manche Leistungen sind zwar keine schöpferisch-künstlerischen Werke, sie stehen aber in engem Zusammenhang mit diesen. Auch sie genießen einen – wenngleich weniger stark ausgeprägten – Schutz. Damit wird die eher handwerklich-künstlerische Leistung bzw. die Vermittlungsleistung der involvierten Personen honoriert.

Schutz von Darbietungen ausübender Künstler

Ausübende Künstler sind solche Personen, die Werke vortragen, aufführen, auf andere Weise darbieten oder an einer Darbietung auf künstlerische Art mitwirken. Dazu gehören bspw. Schauspieler, Sänger, Tänzer und Musiker. Nicht umfasst sind die Erbringer kaufmännischer, technischer oder organisatorischer Leistungen.2

Der ausübende Künstler hat das Recht, als solcher im Zusammenhang mit der konkreten Aufführung genannt und anerkannt zu werden. Er kann seine Darbietung oder Mitwirkung jederzeit für sich in Anspruch nehmen sowie sich gegen Anmaßungen Dritter oder die Bestreitung seines (Mit-)Wirkens wehren. Außerdem sind Änderungen an der Darbietung sowie Mängel in der Wiedergabe der Darbietung, die dem künstlerischen Ruf des ausübenden Künstlers schaden, nicht zulässig.

Auch der Veranstalter der Darbietung kommt in den Genuss der Verwertungsrechte: So sind beide, ausübende Künstler und Veranstalter, für sich berechtigt, die Darbietung auf Bild- oder Schallträgern festzuhalten, diese zu kopieren und öffentlich zur Verfügung zu stellen. Sofern die Darbietung mit Einwilligung des Veranstalters festgehalten wird, hat er die ausübenden Künstler darüber zu informieren. Ausübende Künstler und Veranstalter haben darüber hinaus das Recht, die Darbietung durch Rundfunk zu senden und andernorts öffentlich wiederzugeben. Die Verteilung der Erträge der genannten Verwertungen sind, wie auch die Regelung sonstiger Rechte und Pflichten, zwischen Veranstalter und ausführenden Künstlern gesondert zu regeln.

Sämtliche Verwertungsrechte gehen, wenn die Darbietung als Teil einer Filmproduktion3 erfolgt, auf den Filmhersteller über.

Bei gemeinsamen Darbietungen mehrerer ausübender Künstler, die bloß in einem Chor, Orchester oder auf ähnliche Art mitwirken, nimmt ein gemeinsamer Vertreter diese Verwertungsrechte wahr.

Schutz von Licht- und Laufbildern

Hersteller von Licht- oder Laufbildern, also jene Personen, die Fotografien oder einfache Filmerzeugnisse aufnehmen, sind berechtigt, diese zu kopieren, zu verbreiten, öffentlich vorzuführen, durch Rundfunk zu senden und öffentlich zur Verfügung zu stellen. Wird das Licht- oder Laufbild von einem unselbstständig Beschäftigten im Auftrag seines Arbeitgebers aufgenommen, so gilt dieser als Hersteller.

Das Lichtbild ist ein durch fotografisches oder der Fotografie ähnliches Verfahren hergestelltes Bild, was jedenfalls auf die Analog- und Digitalfotografie4 sowie auf unterschiedliche bildgebende Verfahren in der Medizin und Technik zutrifft. Da bereits alltägliche Amateurfotografien den höherwertigen Schutz als Lichtbildwerk5 genießen, beschränkt sich der Schutz als „einfaches“ Lichtbild z.B. auf Passbilder aus Fotoautomaten, kartografische Luftbildaufnahmen, technisch einwandfreie Reproduktionen von Kunstwerken6 oder Röntgenaufnahmen zur medizinischen Behandlung.7

Laufbilder sind durch fotografische oder ähnliche Verfahren hergestellte Bildserien, die Bewegungsabläufe mithilfe einer ablaufenden Folge von Bildern darstellen. Sind die allgemeinen Voraussetzungen des Werkschutzes8 gegeben, handelt es sich gleichsam um Filmwerke. Wird die festgehaltene Abfolge von Geschehnissen allerdings so vollständig und authentisch wiedergegeben, dass kaum künstlerischer Gestaltungsspielraum bleibt, handelt es sich um ein „einfaches“ Laufbild. In der Regel werden u.a. Quiz- und Nachrichtensendungen als Laufbilder geschützt sein.9

Schutz von Schallträgern

Schallträger sind Medien, die akustische Vorgänge zur wiederholbaren Wiedergabe festhalten, gleich ob physisch oder digital. Dazu zählen sowohl „klassische“ Schallträger wie Schallplatten, Tonkassetten, aber auch bspw. CDs als digitale Schallträger, also Audio-Dateien auf digitalen Speichermedien. Welche akustischen Vorgänge festgehalten werden, ist für dieses Leistungsschutzrecht nicht ausschlaggebend. Hersteller gewerbsmäßiger Tonaufnahmen ist der Inhaber des herstellenden Unternehmens.

Der Hersteller eines Schallträgers hat das Recht, den Schallträger zu kopieren, zu verbreiten und öffentlich, z.B. im Internet, zur Verfügung zu stellen. Dritte haben dazu grundsätzlich die Einwilligung des Herstellers einzuholen.

Schutz von Rundfunksendungen

Töne oder Bilder, die durch Rundfunk gesendet werden, sind zugunsten des Rundfunkunternehmers geschützt. Als Rundfunk sind, zusätzlich zum klassischen Rundfunk über elektromagnetische Wellen, bspw. auch Satelliten- und Kabelfernsehen sowie Internet-Livestreams anzusehen.10

Der Rundfunkunternehmer hat das Recht, die Sendung gleichzeitig über eine andere Sendeanlage zu senden, öffentlich gegen Eintrittsgeld aufzuführen und die Sendung auf einem Bild- oder Schallträger festzuhalten. An diesem Bild- oder Schallträger hat er sodann im wesentlichen dieselben Rechte wie der Hersteller eines Schallträgers. Auch diese Rechte sind ausschließlich, d.h. dass Dritte die genannten Verwertungshandlungen nur mit Einwilligung des Rundfunkunternehmers rechtmäßig vornehmen können. Ein unzulässiger Eingriff in das Senderecht des Rundfunkunternehmers ist bspw. das Setzen eines Links auf sein Webradio unter Umgehung einer „Preroll-Werbung“.11

Schutz von nachgelassenen Werken

Eine Person, die ein nicht erschienenes12 Werk13 nach Ablauf seiner Schutzfrist14 erlaubterweise veröffentlicht15, genießt dieselben Verwertungsrechte wie sein Urheber. Erlaubt ist eine Veröffentlichung beispielsweise dann nicht, wenn sie gegen den ausdrücklichen Willen des Eigentümers stattfindet, oder das Werkstück gestohlen wurde.16

Beispiel
Anlässlich des 200. Geburtstags von Carl Friedrich Gauß wird ein bis dato unbekannter Briefwechsel zwischen ihm und Alexander von Humboldt von einem Verleger herausgegeben. Dieser erwirbt den Schutz der nachgelassenen Werke für 25 Jahre ab Ablauf des Veröffentlichungsjahrs.

Sui generis-Schutz von Datenbanken

Datenbanken sind Sammlungen von unabhängigen Elementen17, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind. Ihr Schutz setzt eine wesentliche Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts der Datenbank voraus. Beispiele für solche Datenbanken sind u.a. elektronische Datenbanken wie das Firmenbuch,18 aber auch analoge und digitale (topografische) Landkarten.19

Diejenige Person, die die o.g. Investition getätigt hat („Hersteller“), genießt bestimmte Verwertungsrechte: Sie darf die Datenbank oder Teile davon kopieren, verbreiten, über Rundfunk senden, öffentlich wiedergeben und zur Verfügung stellen. Dritte sind dazu jedenfalls auf die Einwilligung des Herstellers angewiesen.

Fußnoten

  1. Siehe Wann endet der Urheberschutz?
  2. Vgl. Hohenbruck, Die Reformbedürftigkeit der §§ 66 ff UrhG, ÖBl 2015/34, 158 (159).
  3. Filmwerk oder zumindest leistungsschutzrechtlich geschützte Laufbilder.
  4. OGH 01.02.2000, 4 Ob 15/00k – Vorarlberg Online – MR 2000, 167 (Walter) = ÖBl-LS 2000/51, 106 = ecolex 2000/186, 439 = ÖBl 2000, 276.
  5. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  6. Z.B. Aufnahmen der Art Camera des Google Cultural Institutes, siehe http://www.google.com/culturalinstitute/project/art-camera (14.11.2022).
  7. Vgl. Büchele, Urheberrecht (2014) 73; Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler/Thiele, Österreichisches Urheberrecht18 (2015) § 3 Rz 10.
  8. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  9. Vgl. Ciresa in Ciresa/Büchele/Guggenbichler/Thiele, Österreichisches Urheberrecht18 (2015) § 4 Rz 14 f.
  10. Lusser/Krassnigg-Kulhavy in Kucsko, urheber.recht (2007) § 17, 3.5.
  11. Eine Preroll-Werbung läuft einmalig ab, bevor der Livestream startet. Vgl OGH 23.2.2016, 4 Ob 249/15v – Preroll-Werbung – ÖBl 2016/34, 142 (Plasser).
  12. Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht (2001) Schutzdauer-RL Art 4 Rz 4.
  13. Siehe Was ist urheberrechtlich geschützt?
  14. Siehe Wann endet der Urheberschutz?
  15. Veröffentlichung meint hier Herausgeben im Sinne des Erscheinens, vgl. Walter in Walter, Europäisches Urheberrecht (2001) Schutzdauer-RL Art 4 Rz 16; Welche Folgen hat die Bekanntmachung eines Werks?
  16. Horak in Kucsko, urheber.recht (2007) § 76b.
  17. Sammlungen von literarischen, künstlerischen, musikalischen oder anderen Werken sowie von anderem Material wie Texten, Tönen, Bildern, Zahlen, Fakten und Daten. S ErwG 17 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken, Amtsblatt L 1996/77, 20.
  18. OGH 09.04.2002, 4 Ob 17/02g – EDV-Firmenbuch I – ecolex 2002/261, 675 (Schanda) = MR 2002, 298 (Walter) = ÖBl 2003/14, 46 (Barbist) = RdW 2002/541, 597 = ÖBl-LS 2002/143, 176 = ÖBl-LS 2002/148, 176 = ÖBl-LS 2002/149, 176 = SZ 2002/43.
  19. EuGH 29.10.2015, C-490/14 – Verlag Esterbauer – ecolex 2016/30, 67 (Woller) = jusIT 2016/24, 53 (Staudegger).